Dienstag, 26. September 2017
Lachende Nachtschwärmer im Sonnenlicht
Heute Nacht siegte in mir das Bedürfnis, zufällige Einfälle festzuhalten, über die Vernunft. Die Anzahl der An- und Ausknipsgesten, die ich meiner Lampe entgegenbrachte, summierte sich, während mir eine Zeile nach der anderen in den Sinn kam.
Beim abschließenden Lesen musste ich ob der Erinnerung an die Worte meiner Geschichtslehrerin schmunzeln. Dem Kurs die korrigierten Aufsätze austeilend, rügte sie mich für meine Thomas-Mann-langen Sätze.
Ja, monströse Satzgebilde zu erschaffen, macht mir Spaß.
Im Abiturjahr bot uns die gleiche Lehrerin in einem anderen Zusammenhang an, auf unsere zukünftigen Kinder aufzupassen.
Manchmal möchte wohl jeder Gott spielen - ob Schäfchen hütend oder Buchstabenschlangen züchtend.
Mein Wecker zeigt 4:56 Uhr; ich liege mit rot lackierten Fingernägeln, weichem Schlafanzug bekleidet und allerlei Süßkram im Bauch in meinem frisch bezogenen Bett.
Auf dem Nachttisch, eine einstmals wie die Wände dieses Raumes orangefarben gewesene, nun jedoch ebenso weiß gestrichene Lagerkiste, befindet sich ein gerahmtes, von mir beschriebenes Blatt Papier in Postkartengröße. In Großbuchstaben steht darauf:
"NOTHING IS WORTH MORE THAN LAUGHTER. IT IS STRENGTH TO LAUGH AND TO ABANDON ONESELF, TO BE LIGHT. TRAGEDY IS THE MOST RIDICULOUS THING.
- FRIDA KAHLO"
Die mexikanische Künstlerin sagte oder schrieb dies vor geraumer Zeit, wobei mir der Kontext unbekannt ist.
Allerdings steht es hier nicht einzig und allein aus einer belanglosen Laune heraus oder um im Rahmen meiner ersten eigenen Wohnung den kürzlich erworbenen Status der Kunststudentin zu inszenieren.
Seit ein paar Jahren begleitet mich dieser Satz von Zimmer zu Zimmer. Zwischenzeitlich verlor er für mich an Bedeutung, wie vieles in meinem Leben als Verzweiflung und Hilflosigkeit überhand nahmen. Nun aber kehrt der Sinn auch in Kahlos Worte zurück und gibt ihnen eine neue, gestärkte Aussagekraft.
Während Osho sich mit zunehmender Präsenz zu den Menschen, die meinen Geist mit Anregungen nähren, gesellte, gewann das Lachen, dem meine Familie in guten wie in schlechten Zeiten - in der Ehe merkwürdigerweise weniger -, ein großes Maß an Bedeutsamkeit schenkt, für mich an Leichtigkeit.
Ich lache immer noch häufig aus einer tiefgreifenden Unsicherheit heraus, die beinahe einem dem Witz verschuldeten Pflichtgefühl gleicht. Nichtsdestotrotz wirkt lachen auf körperlicher wie seelischer Ebene befreiend und lockert versteifte Strukturen mit einer schlichtweg beeindruckenden Kraft auf.
Das zweite Glied des zweiten Satzes rät nicht, das allen Menschen innewohnende Gefühl der Verlassenheit zu verstärken, sondern ihm Raum zu verschaffen und das Ego loszulassen.
Wenn das Kopfkino laufen darf ohne besucht zu werden, kann sich Licht seinen Weg durch Türspalten und Fensterritzen bahnen.
Dann verliert das Drama an einnehmender, verblendender Wichtigkeit.
Im Tageslicht erscheint es lächerlich und weicht ausgelassenem Lachen.
Nun zeigt der Wecker 5:55 Uhr. Gute Nacht, liebe Synchronität!
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